blitz-a-t 10. November 2021

MYOKARDITIS: MODERNA-IMPFSTOFF NICHT MEHR FÜR UNTER 30-JÄHRIGE

In Deutschland sollen Personen unter 30 Jahren ab sofort ausschließlich den COVID-19-Impfstoff BNT162b2 (COMIRNATY) von BioNTech/Pfizer erhalten.1 In nordischen Ländern wurden bereits Anfang Oktober Anwendungsbeschränkungen für den Moderna-Impfstoff mRNA-1273 (SPIKEVAX) ausgesprochen, nachdem Daten einer bislang unveröffentlichten Registerstudie aus Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden nahelegten, dass das Risiko einer Peri-/Myokarditis – eine bekannte seltene Störwirkung der beiden mRNA-Impfstoffe – unter der Moderna-Vakzine höher sein könnte als unter dem BioNTech-Impfstoff (a-t 2021; 52: 79-80). Die Ständige Impfkommission (STIKO) begründet ihre Empfehlung mit „internationalen Daten“ sowie „neuen Sicherheitsdaten des Paul-Ehrlich- Instituts (PEI)“.1 Das PEI weist in seinem jüngsten Sicherheitsbericht Ende Oktober zwar darauf hin, dass die hierzulande gemeldeten Verdachtsberichte auf ein möglicherweise höheres Risiko von Herzmuskel- und -beutelentzündungen nach Immunisierung junger Männer und Frauen mit mRNA-1273 im Vergleich zu BNT162b2 deuten (z.B. bei 18- bis 29-Jährigen 11,7 vs. 4,7/100.000 Impfdosen).2 Die Anwendungsbeschränkungen in anderen europäischen Ländern werden vom PEI jedoch nicht einmal erwähnt.

Die STIKO folgt mit ihrer Empfehlung dem Beispiel Frankreichs. Dort hat sich die französische Gesundheitsbehörde vor zwei Tagen ebenfalls dafür ausgesprochen, bei unter 30-Jährigen nur noch den BioNTech-Impfstoff zu verwenden.3 Als Begründung wird eine französische Fallkontrollstudie4 angeführt, die die erhöhte Gefährdung unter der Moderna-Vakzine bestätigt. Die auf Krankenversicherungsdaten basierende Studie schließt alle Personen im Alter von 12 bis 50 Jahren ein, die zwischen dem 12. Mai und dem 31. August 2021 wegen einer Myokarditis (n = 919) oder Perikarditis (n = 917) hospitalisiert werden und ordnet jedem Erkrankten 10 Kontrollen zu. Wie in anderen Untersuchungen und Analysen von Meldedaten wird das höchste Risiko einer Myokarditis für junge Männer unter 30 Jahren innerhalb von sieben Tagen nach der zweiten Dosis mRNA-1273 errechnet (adjustierte Odds Ratio [OR] 79,8; 95% Konfidenzintervall [CI] 29,8-213,4; 1 : 7.600 Impfdosen). Unter dem BioNTech-Impfstoff ist die Gefährdung weniger stark ausgeprägt (OR 10,9; 95% CI 7,6-15,8; 1 : 37.500). Ein ähnliches Bild findet sich auch bei jüngeren Frauen nach der zweiten Dosis, das Risiko ist bei ihnen jedoch insgesamt niedriger (Moderna: OR 40,6; 1 : 26.800, BioNTech: OR 11,4; 1 : 232.400). Die Gefahr einer Perikarditis ist bei unter 30-Jährigen ebenfalls insbesondere mit der zweiten Dosis des Moderna-Impfstoffs assoziiert (OR 15,0; 95% CI 3,3-68,4; 1 : 56.200).4

Auch eine Infektion mit SARS-CoV-2 im Monat vor der Krankenhausaufnahme steigert demnach das Risiko einer Myokarditis (OR 7,9; 95% CI 5,0-12,3, alle Altersgruppen) wie auch einer Perikarditis (OR 3,9; 95% CI 2,3-6,6). Der Verlauf der Impf-assoziierten Erkrankungen wird als in der Regel mild beschrieben: Die Betroffenen bleiben im Median zwei bis vier Tage im Krankenhaus, Todesfälle sind im Untersuchungszeitraum nicht aufgetreten.4

Die Empfehlung der STIKO, junge Menschen unter 30 Jahren ausschließlich mit dem BioNTech-Impfstoff BNT162b2 (COMIRNATY) zu immunisieren, erachten wir als überfällig, –Red.

1

STIKO: Pressemitteilung vom 10. Nov. 2021; https://a-turl.de/xt8v

2

PEI: Sicherheitsbericht vom 26. Okt. 2021; https://a-turl.de/pr3z

3

HAS: Pressemitteilung vom 8. Nov. 2021; https://a-turl.de/u8df

4

LE VU, S. et al.: Studienpublikation vom 8. Nov. 2021; https://a-turl.de/fqlx

© 2021 arznei-telegramm, publiziert am 10. November 2021

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