Rivaroxaban (Xarelto®) - die Besorgnis nimmt zu

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

1        der am Montag erscheinende SPIEGEL enthält einen Artikel des Medizinjournalisten Markus Grill über Rivaroxaban (Xarelto®). Seine Aussagen sind für DEGAM-Mitglieder wohl nicht so ganz überraschend, für Betroffene aber u.U. neu und beängstigend. Es könnte also gut sein, dass Patienten, die den seit 2008 erhältlichen Faktor Xa-Hemmer einnehmen, morgen in die Praxis kommen und Ihnen einige Fragen stellen werden.

In wenigen Tagen, am Donnerstag, den 12. September 2013, 11.00 Uhr wird im Haus der Bundespressekonferenz (Schiffbauerdamm 40, 10117 Berlin-Mitte) der von Prof. Ulrich Schwabe und Dr. Dieter Paffrath herausgegebene Arzneiverordnungsreport 2013 vorgestellt. Dort wird u.a. zu lesen sein, dass

•    die Zahl der verordneten Xarelto-Tagesdosen von 700.000 im Jahr 2011
•    auf 25,5 Millionen im Jahr 2012 gestiegen sind.
•    Die künftigen Umsatzerwartungen des Herstellers Bayer (2013: geschätzt 800 Mill. Euro) belaufen sich auf mehr als zwei Milliarden Euro pro Jahr – ein sog. Blockbuster.

 

Während das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)

•    im Jahre 2012 noch 750 Verdachtsfälle (58 Todesfälle) von unerwünschten Wirkungen registrierte,
•    waren es bis Ende August 2013 bereits 968 Patienten (72 Todesfälle) - hochgerechnet auf das ganze Jahr eine Verdoppelung.
•    Natürlich stellt dies noch keinen Kausalzusammenhang dar – ob das aber betroffene Patienten beruhigen kann, darf bezweifelt werden.

Der Spiegel weist auch auf die intensiven (und wie die Zahlen belegen, erfolgreichen) Bemühungen des Herstellers hin, das Medikament mit Macht weiter in den Markt zu puschen. Viele Leser der Benefits, die als Hausärzte praktizieren, werden sich noch daran erinnern, dass Bayer im vergangenen Jahr bundesweit Ärzten Musterpackungen zuschickte, die diese gar nicht geordert hatten. Erst an der Praxistür sollte dem Postboten dann nachträglich die (vom Gesetz geforderte) formelle Bestellung unterschrieben werden.

Einer der bezahlten Meinungsmacher für Xarelto ist der stellvertretende Leiter der Abteilung Hämostaseologie der LMU München, Prof. Michael Spannagl  (u.a. Leitlinien-Beauftragter der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung [GTH], Mitglied der Leitlinienkommission „Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der  Lungenembolie“ [Interdisziplinäre S2- Leitlinie der AWMF], Mitglied der Leitlinienkommission „Querschnitt-Leitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten“ der Bundesärztekammer, Mitglied des Beirats und der Kommissionen zur Richtlinie der Bundesärztekammer „Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinische Untersuchungen“ [RiliBÄK]…). Zusammen mit seinen Kollegen Sebastian Dübgen und Ulrich Hoffmann publizierte er in der Nr. 4/2012 des „Allgemeinarzt“ einen Artikel Neue direkte Antikoagulanzien versus Vitamin-K-Antagonisten (http://tinyurl.com/oqa95zs). Dass Rivaroxaban im Vergleich mit anderen Substanzen eine Bestnote erhielt, mag nicht weiter verwundern. Dass es – wie bei vielen ähnlichen Texten in Streuzeitschriften - am Ende des Textes heißt „Interessenskonflikte: keine deklariert“ ist zwar gelogen, aber auch nicht besonders ungewöhnlich. Nur wenn ein investigativer Journalist einmal nachhakt, kann es für die Autoren kritisch werden. Auf Nachfrage erklärte denn Spannagl sogleich, die fehlende Offenlegung sei ein „klares Versäumnis“ gewesen. Na, dann ist ja alles wieder gut…

2        Die immer am 15. eines Monats verschickte ZFA (Zeitschrift für Allgemeinmedizin) ist dieses Jahr in einigen Regionen der Republik bereits am Samstag zugestellt worden und wird bis spätestens 10. September auch den entferntesten Winkel der Republik erreichen. Der Grund für diese Maßnahme ist der am nächsten Donnerstag (12.9.) - für einige schon am 11. September – beginnende DEGAM-Kongress in München. Sie können also mit der Septemberausgabe im Gepäck nach München fahren…


Herzliche Grüße
Michael M. Kochen


Prof. Dr. med. Michael M. Kochen, MPH, FRCGP
Ludwigstr. 37
79104 Freiburg/Germany
Tel. +49-761-151 35 66
Fax +49-761-151 35 67

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