PROGRESS: Weiterqualifikation des akademischen Mittelbaus Allgemeinmedizin
PROGRESS ist ein Qualifikationsprogramm zur Stärkung des wissenschaftlichen Nachwuchses und richtet sich an alle, die ein Interesse an der fachlichen Weiterqualifikation des akademischen Mittelbaus haben. Dies umfasst (angehende) Hausärzt:innen, alle wissenschaftlich Mitarbeitenden in der Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, aber auch Lehrstuhlanwärter:innen.
Ausdrücklich erwünscht sind auch Bewerbungen von Interessenten, die einen anderen beruflichen/studentischen Hintergrund wie beispielsweise Gesundheitswissenschaften, Soziologie, Therapieberufe, medizinisch-fachliche Tätigkeiten oder anderes haben.
Ziel ist es, Forschung und Praxis zusammenzubringen, Vernetzung über Standorte hinweg zu fördern und gemeinsam die allgemeinmedizinische, interprofessionelle Forschung voranzubringen.
Die Vorbereitungen für die nächsten Kohorte für PROGRESS laufen. Ab Frühling 2026 könnt ihr euch bewerben. Weitere Infos folgen...
Basic Infos zu PROGRESS
Was ist PROGRESS?
Das Programm PROGRESS wurde von der AG Mittelbau konzipiert und ist auf zwei Jahre pro Kohorte ausgelegt. Insgesamt stehen 15 Plätze pro Kohorte zur Verfügung und das Programm soll in gemeinschaftlichen Publikationen münden. Jede Kohorte wird durch ein wechselnd federführendes wissenschaftliches Institut in Form einer begleitenden Schirmherrschaft und durch die AG Mittelbau unterstützt.
Was bietet PROGRESS?
- Unterstützung bei der Entwicklung von Führungskompetenzen und Einblicke in universitäre Strukturen
- Mentoring seitens der Schirmherrschaft und der AG Mittelbau, beispielsweise zum Agieren im wissenschaftlichen Umfeld oder zur Auseinandersetzung mit praktischen Fragen im ärztlichen Handeln
- Standortübergreifende Vernetzung zwischen den Teilnehmenden der Kohorte
- (Weiter-)Entwicklung von Kompetenzen zur Selbstorganisation (durch die freie inhaltliche und zeitliche Organisation der Kohorte) und im Projektmanagement (durch die Umsetzung gemeinsamer Forschungsprojekte) sowie von Kompetenzen für die allgemeinmedizinische Forschung, übergeordnet werden Themen je nach Bedarf der Kohorte eigenständig initiiert und behandelt, z.B. „Von der Forschungsfrage übers Projekt zur Publikation“, „Methodenwerkstätten“, „Der erfolgreiche Förderantrag“, „Forschung im Praxisalltag“, „Entstehung von Leitlinien“, „Grundlagen der EbM“, „Lehrforschung" u.v.m.
- die Möglichkeit eigene Forschungsprojekte gemeinsam von Beginn an zu verwirklichen (von der Idee, über die Durchführung und Auswertung bis hin zur Publikation)
Wie ist der Ablauf?
In einem ersten gemeinsamen konzipierenden Treffen werden unter anderem das Konzept von PROGRESS vorgestellt, der aktuelle Stand hinsichtlich Fähigkeiten, Kompetenzen und Expertisen der Teilnehmenden gesammelt sowie der weitere zeitliche, inhaltliche und wissenschaftliche Ablauf festgelegt. Jede Kohorte trifft sich mindestens 2 mal jährlich in Präsenz und dazwischen auch digital. Die Teilnehmenden haben die primäre Verantwortung für die (zeitliche, inhaltliche und wissenschaftliche) Gestaltung der Treffen, d.h. deren Inhalte, die Frequenz, den Veranstaltungsort und ggf. die Dozierendenwahl.
Ein strukturierter Fahrplan mit „Milestones“ (ähnlich einem Förderantrag) wird gemeinsam im Rahmen des konstituierenden Treffens entwickelt. Mit diesem Vorgehen sollen die jeweiligen Vorerfahrungen der Teilnehmenden im Mittelpunkt stehen und auf die tatsächlich bestehenden Bedarfen und Wünschen abgestimmt werden.
Wer unterstützt das Programm?
Einen Teil der Kosten des Programmes trägt die DEGAM. Für den Rest wird eine Teilnahmegebühr von 250€ für zwei Jahre von den Teilnehmenden erhoben; Reisekosten sind selbst (oder vom jeweiligen Lehrstuhl) zu tragen. Die Administration der Teilnehmenden, der Teilnahmegebühren und die Abrechnung der jeweiligen Kohorten erfolgen durch die DEGAM-Geschäftsstelle.
Was bisher geschah...
2025: PROGRESS beim DEGAM-Kongress
Oktober 2025. Auch auf dem DEGAM Kongress in Hannover war die zweite Kohorte des PROGRESS-Programms mit zahlreichen Beiträgen vertreten und zeigte eindrucksvoll, wie vielfältig die Themen, Perspektiven und Kompetenzen des allgemeinmedizinischen, wissenschaftlichen Nachwuchses sind. Nach dem konstituierenden Treffen im Februar 2025 in Düsseldorf bot der DEGAM Kongress nun die Gelegenheit erste Ergebnisse und laufende Arbeiten vorzustellen – und sich mit der Fachcommunity auszutauschen.
Arbeitsgruppe Politik
Die Arbeitsgruppe Politik von Dr. Jonas Cittadino und Dr. Jessica Bungartz-Çatak präsentierte ihren Werkstattbericht unter dem Titel „Gesellschaft im Wandel – Politische Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die Allgemeinmedizin“. Sie beleuchteten darin die zunehmende gesellschaftliche Polarisierung und deren mögliche Folgen für die hausärztliche Versorgung. Rechtspopulistische und demokratiefeindliche Strömungen beeinflussen nicht nur das gesellschaftliche Klima, sondern können auch Auswirkungen auf die Niederlassungsbereitschaft junger Ärzt:innen, den Umgang mit Patient:innen oder das Praxisumfeld haben.
Im Rahmen einer Blitzumfrage auf dem Bundesfortbildungskongress Allgemeinmedizin (BAM) in Berlin wurde ein Stimmungsbild unter den Teilnehmenden erhoben, insbesondere unter jüngeren Kolleg:innen. Erste Ergebnisse bildeten die Grundlage für die Diskussion beim Kongress und im Mittelpunkt standen Fragen wie: „Welche Bedeutung hat politische Haltung für junge Ärzt:innen heute – und welche Erwartungen stellen sie an ihre zukünftigen Arbeitsumfelder und ärztlichen Organisationen?“.
Die Diskussion verdeutlichte, dass gesellschaftliche Entwicklungen und ärztliche Berufswelt eng miteinander verflochten sind. Haltung zu zeigen wird zunehmend nicht nur zu einer individuellen, sondern auch zu einer strategischen Herausforderung für die Allgemeinmedizin. Forschung und Weiterbildung können hier wichtige Beiträge leisten, um Handlungssicherheit im Umgang mit politischen Spannungsfeldern im Praxisalltag zu fördern.
Arbeitsgruppe Digitalisierung
Die Arbeitsgruppe Digitalisierung um Dr. Jan Ziegler, Dr. Max Elstermann von Elster, Dr. Hanno Ullrich, Dr. Jonas Cittadino, Dr. Damon Mohebbi und Dr. Victoria Koschemann gestaltete den interaktiven Workshop „Erwartungen der jungen Allgemeinmedizin an die digitale Hausarztpraxis der Zukunft“. Rund 30 Teilnehmende aus verschiedenen Berufsgruppen, u.a. Ärzt:innen (in Weiterbildung), MFA, Forschende und Vertreter:innen der KV, diskutierten Chancen und Herausforderungen der fortschreitenden Digitalisierung.
Im Fokus stand die Frage, wie die junge Allgemeinmedizin die digitale Transformation erlebt und welche Erwartungen sie an die Hausarztpraxis der Zukunft stellt. Diskutiert wurden Themen wie Datenschutz, Effizienz, veränderte Aufgabenverteilungen und die Rolle digitaler Tools im Patient:innenkontakt. Aus Sicht der Teilnehmenden gelingt eine erfolgreiche Digitalisierung nur, wenn die Bedürfnisse aller Berufsgruppen und der Patient:innen gleichermaßen berücksichtigt werden. Digitale Lösungen sollten die Versorgung unterstützen und die Arbeitszufriedenheit verbessern – ohne den persönlichen Kontakt zu gefährden.
Arbeitsgruppe Vereinbarkeit
Besonderes Interesse weckte auch der Workshop der Arbeitsgruppe Vereinbarkeit, geleitet von Dr. med. Jessica Bungartz-Çatak, Dr. Jasmin Westenberger und Verena Tobert. Unter dem Titel „(Un-)Vereinbarkeiten in der Allgemeinmedizin“ wurde die Vereinbarkeit von klinischer Tätigkeit, wissenschaftlichem Engagement und familiären Verpflichtungen in den Blick genommen – ein Thema, das viele Kongressbesucher:innen unmittelbar ansprach.
Nach einem Impulsvortrag arbeiteten die rund 30 Teilnehmenden in Kleingruppen und einer anschließenden Fishbowl-Diskussion zu Fragen wie: „Was müssen Ärzt:innen heute vereinbaren - und was ist anders als vor 30 Jahren? Welche Barrieren bestehen, auch genderspezifisch? Welche Unterstützung gibt es bereits, und welche Rolle können DEGAM, Ärztekammern und Berufsverbände übernehmen?“. Ziel war eine Bedarfsabfrage zur funktionierenden Vereinbarkeit sowie die mögliche Gründung einer AG Vereinbarkeit zur Erarbeitung eines Positionspapiers. Vereinbarkeit ist ein Schlüsselthema für die Zukunft der Allgemeinmedizin – nicht nur individuell, sondern strukturell.
Auf vielfältige Weise sichtbar
Darüber hinaus waren mehrere Mitglieder der zweiten PROGRESS-Kohorte mit weiteren Beiträgen im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Tätigkeiten im Kongressprogramm vertreten. So war die 2. PROGRESS Kohorte in Hannover auf vielfältige Weise sichtbar – als lebendiges Netzwerk, als Plattform für Nachwuchsförderung und als Ideenschmiede einer engagierten Generation von Allgemeinmediziner:innen und Forschenden, die die Zukunft aktiv mitgestalten will.
Um künftig die Perspektiven und Bedarfe des allgemeinmedizinischen Nachwuchses im Mittelbau zu fördern, wurde Carolin Rosendahl in die Lenkungsgruppe der DEGAM Arbeitsgruppe Mittelbau gewählt. Diese setzt sich für einen dauerhaft starken, methodisch und fachlich hervorragend ausgebildeten wissenschaftlichen Mittelbau in der Allgemeinmedizin ein. Das PROGRESS-Programm liegt ihr dabei besonders am Herzen, denn es steht ganz im Sinne der AG Mittelbau - für Austausch, Förderung und die kontinuierliche Weiterentwicklung des interprofessionellen, wissenschaftlichen Nachwuchses in der Allgemeinmedizin.
Die Kohorte blickt auf einen inspirierenden Kongress zurück und freut sich auf die kommenden Monate gemeinsamer Projektarbeit – und auf das anstehende Wiedersehen beim nächsten PROGRESS-Treffen.
Carolin Rosendahl für die 2. PROGRESS Kohorte
2025: Start der zweiten PROGRESS-Kohorte
Februar 2025: 2025 ist die zweite PROGRESS-Kohorte an den Start gegangen. Vom konstituierenden Treffen (7. bis 9. Februar 2025 in Düsseldorf) berichtet die AG:
Am zweiten Februarwochenende kam in Düsseldorf die zweite Kohorte des PROGRESS-Programms der DEGAM zusammen. PROGRESS ist das 2023 gestartete „Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Allgemeinmedizin“ (konzeptioneller Nachfolger des früheren Professionalisierungskurses).
Heute ist die Allgemeinmedizin fest an den Universitäten verankert und hat sich zu einer interdisziplinär und interprofessionell denkenden und forschenden Disziplin entwickelt. Dies zeigte sich auch in der Zusammensetzung der aktuellen Kohorte (18 Teilnehmende) hinsichtlich ihrer beruflichen Hintergründe, mitgebrachten Kompetenzen und Erwartungen.
Vielfältige Hintergründe und Kontexte
Die Kohorte besteht aus wissenschaftlichen Mitarbeitenden universitärer Institute, Ärzt:innen in unterschiedlichen Stadien der Facharztweiterbildung, Niedergelassenen in eigener Praxis, Allgemeinmediziner:innen aus der ländlichen Kleinstadt, der wohlhabenden Vorstadt und dem sozialen Brennpunkt der Großstadt. Längst nicht alle Teilnehmenden gehören der ärztlichen Profession an, auch die Therapieberufe sind vertreten sind und spiegeln somit den interprofessionellen Charakter der Kohorte wider. Geografisch kommen die Teilnehmenden aus der ganzen Bundesrepublik.
Vier neue Arbeitsgruppen
Verena Leve und Prof. Dr. med. Stefan Wilm (Institut für Allgemeinmedizin der Universität Düsseldorf) leiteten gekonnt den (Selbst-)Findungsprozess des Kollektivs, um die vielfältigen Potenziale und Kompetenzen für gemeinsame Projekte nutzbar zu machen. So gründeten sich vier Arbeitsgruppen, die sich in den nächsten zwei Jahren gemeinsam relevanten Themen der allgemeinmedizinischen Versorgung widmen wollen.
- Ein Tandem bestellt das Feld der (Un-)Vereinbarkeiten in der Allgemeinmedizin: klinische Arbeit, wissenschaftliche Betätigung und familiäre Verpflichtungen geraten schnell in Konflikt. Hier Verbesserungen zu erzielen liegt auch im Interesse der Kohorte selbst, denn ein großer Teil der Teilnehmenden hat sich nicht nur um den wissenschaftlichen Nachwuchs zu kümmern.
- PVS, ePA, eAU, eRezept, e-Arztbrief (natürlich ausgedruckt und eingescannt)… Digitalisierung ist in aller Munde, aber schmeckt sie auch? Eine Gruppe möchte die Erwartungen der „jungen“ Allgemeinmedizin an die digitale Praxis von morgen erfragen untersuchen und nimmt nicht nur Ärztinnen und Ärzte, sondern auch andere relevante Berufsgruppen wie Medizinische Fachangestellte und Physician Assistants in den Blick.
- Regionale Versorgungszentren, Primärversorgungszentren, VERAH, NäPa, PA, alles klar? Interprofessionelle Zusammenarbeit bietet die Chance auf eine bessere Versorgung, doch die Vielfalt der Konzepte ist auf den ersten Blick verwirrend. Eine Gruppe beschäftigt sich daher mit den Formen der interprofessionellen Zusammenarbeit in Deutschland: Was gibt es, was funktioniert, was hakt, wie ist der aktuelle Stand? Und weiter gedacht: was können wir von unseren europäischen Nachbarländern und im internationalen Vergleich lernen?
- Bislang haben neun Kohorten den damaligen Professionalisierungskurs und eine Kohorte PROGRESS durchlaufen. Einige Teilnehmende der ersten PROGRESS Kohorte besuchten mit ihrer Schirmherrin Prof. Dr. med. Bettina Engel die neue Kohorte in Düsseldorf und berichteten von ihren Erfahrungen. Professor Wilm, als ehemaliger Teilnehmer des ersten Professionalisierungskurses, gewährte weitere Einsichten. Dies warf Fragen auf wie: Was ist eigentlich aus den zahlreichen Vorgänger:innen geworden, woher kamen sie und wo sind sie jetzt? Wie waren ihre Erfahrungen und was können zukünftige Kohorten von ihnen lernen? Warum wurde der Professionalisierungskurs nicht fortgeführt und was führte Jahre später zu seiner Neuauflage? Darum kümmert sich die vierte Arbeitsgruppe.
Hinter den Teilnehmenden liegen drei intellektuell herausfordernde und stimulierende Tage. In der Abschlussrunde überwog die Begeisterung über die vielfältigen Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten in der Kohorte. Die Teilnehmenden haben sich für die nächsten zwei Jahre ambitionierte Aufgaben gestellt, auf deren Ergebnisse man sich freuen darf.
Dr. med. Carsten Schäpers und Carolin Rosendahl (Teilnehmende der 2. PROGRESS-Kohorte)